Erlebnis mit Geschichte
Entdecken, wie die Römer in Passau lebten
im Römermuseum Kastell Boiotro
In der Innstadt, einem der ältesten Stadtteile Passaus, ist das Römermuseum zu finden. Hier lässt sich die römische Geschichte Passaus hautnah erleben. Denn in der Drei-Flüsse-Stadt herrscht schon lange geschäftiges Treiben. Einst war sie sogar Teil des Römischen Reiches. Mehrere Stätten gehören nun zum UNESCO-Welterbe. So wie das Römermuseum, das auf dem Gelände des einstigen Kastells Boiotro steht. Die Grundmauern lassen sich hier noch mehr als 1.700 Jahre später entdecken. Alle Funde des Museums stammen aus Passau und zeugen vom Leben der Menschen.
Ein gepflegter Garten mit mächtigen
Steinmauern lädt zum Eintritt ein.
Weiter vorne stehen acht dicke Pfeiler
aus Ziegel und Tuffsteinen. Ganz
links ragt ein historisch anmutendes
rotes Gebäude empor. Wir sind im
Römermuseum Kastell Boiotro in
Passau. Hier in der Innstadt wurden
1974 bei Baumaßnahmen für einen
neuen Kindergarten Fundamentreste
gefunden. Sie stammten aus der
späten Römerzeit und gehörten zum
Kastell Boiotro, einer Befestigung aus
Stein und Holz, in der Soldaten stationiert
waren. Wie Museumsleiter
Dr. Thomas Maurer erzählt, soll das
Kastell etwa 290 bis 300 nach Christus
erbaut worden sein. „Wir gehen
davon aus, dass das Kastell hier in der
Zeit der Tetrarchie entstand, als sich
das Römische Reich nach 50 Jahren
im totalen Chaos wieder berappelt
hatte. In dieser Zeitspanne hat man
die Grenzsicherung verstärkt. So
eine Mächtigkeit, die dicken Mauern,
die Art der Türme – das hatten
die Kastelle vorher nicht“, erklärt er.
Es war von der Form her wohl etwas
länger als breit und fast trapezartig
gebaut. Dabei handelte es sich allerdings
um ein kleines Kastell für eine
etwa 130 Mann starke Truppe. Nach
der Zufallsentdeckung baute man einen Teil der Mauern auf ihrem Originalplatz
wieder auf. Diese kann man
heute im Museumsgarten betrachten.
Im alten Gruberhaus gründete
man schließlich das Römermuseum,
in dem endlich ein Teil der Passauer
Funde aus der Römerzeit einziehen
konnte. Die Ausstellungsräume besuchen
wir jetzt.
Viel zu entdecken
Nachdem wir eine schmale Treppe
hinaufgestiegen sind, werden wir im
Eingangsbereich vom Museumswärter
begrüßt. Wir beginnen unsere
Führung im Keller. Dort dreht sich alles
um die Vorgeschichte bis zum Beginn
der Römerzeit sowie um Handel
und Logistik, Architektur und Baumaterial
sowie Grabkultur. Eine Vitrine
mit prähistorischen Fundstücken
zeigt etwa 5.000 Jahre Vorgeschichte
anhand von Schmuck wie alten
Haarnadeln, Steinwerkzeugen oder
Bronzebeilen. Sogar die erste Münze
Passaus lässt sich hier entdecken. Sie
stammt aus der Zeit der Kelten. Wir
gehen weiter zum römischen Bereich.
Hier ist die bekannte terrakotta-farbige
Terra Sigillata ausgestellt. Dieses
Geschirr wurde bereits damals importiert
und war im gesamten Römischen
Reich zu finden. Wenige Meter
entfernt zeigt sich ein Loch im Boden.
Dr. Thomas Maurer erklärt: „Hier
sieht man die Originalsubstanz des
einstigen Kastells. Weil das Gruberhaus
drüber gebaut wurde, hat sich
das Fundament des Pfeilers so gut erhalten“.
Er diente dazu, die Baracken
der Soldaten zu tragen.
Der Weg führt uns zur Grabkultur.
Dort ist einer der spektakulärsten
Funde Passaus ausgestellt. Ein
Steindenkmal mit Relief, das zwei
sich kreuzende Delphine zeigt. „Ihre
Darstellung symbolisiert die Seelenführer
ins Totenreich“, sagt der Museumsleiter.
Die Platte war wohl Teil
einer größeren Grabstätte, die vermutlich
aus mehreren Stockwerken
bestand. Das Steindenkmal aus Kalkstein
wurde 1981 bei Sanierungsarbeiten
am Innkai gefunden. Direkt
gegenüber wird die Geschichte des
Zöllners Faustinianus erzählt, dessen
Original-Grabstein als Weihwasserbecken
in der benachbarten Kirche
St. Severin steht.
1.700 Jahre Baugeschichte
Wenige Meter weiter tut sich eine
historische Hauswand auf, die auf
den Fundamenten der Kastellmauer
steht. Sie legt den Blick auf die Baugeschichte
vom späten 3. bis ins 21.
Jahrhundert hinein frei und wurde
auf Eichenpfählen errichtet, die im
Schwemmsand des Inns gründeten.
Eine Arbeit für die Ewigkeit. Im Mittelalter
wurde das Mauerwerk aufgestockt
und später eine Decke eingezogen.
Davon zeugen historische
Holzbalken von 1588. Die einzelnen
Bauphasen können per Touchscreen
unterschiedlich beleuchtet werden.
Die Römer in Passau erleben
Unser Weg führt uns ein Stockwerk
höher – ins Kino. Hier kann man fast
hautnah in das Passau der Römerzeit
eintauchen. Ein Highlight, dem Kinder
und Erwachsene gespannt folgen.
Denn in Passau gab es damals eine
ganz besondere Konstellation.
Es existierten zwei Orte nebeneinander.
Batavis, die Altstadt und Boiodurum,
die Innstadt. Die Altstadt gehörte
zur Provinz Raetien und die Innstadt
zu Noricum. Beide Orte hatten während
der 400-jährigen römischen Besatzungszeit
ihre eigenen Kastelle.
Wir gehen weiter, hinter uns ist die
Donau mit den eingezeichneten
Grenzen des römischen Reichs abgebildet.
Sie erstreckten sich über drei
Kontinente und 5.000 Kilometer. Der
Grenzabschnitt an der oberen Donau
– der sogenannte Donaulimes – wurde
im vergangenen Jahr zum UNESCO-
Welterbe erklärt, zu dem auch
drei Teilstätten in Passau zählen: der
Bereich der Altstadt, auf dem das Kloster
Niedernburg steht – hier lag einst
das Kastell Batavis, das Römermuseum
mit den Überresten des Kastells
Boiotro und der Wehrturm in Haibach.
Lediglich das Römermuseum ist
für die Öffentlichkeit zugänglich.
Thomas Maurer führt uns eine steile
Stiege hinauf. Wir sind im Dachgeschoss
angelangt. Hier wird gezeigt,
wie die Freizeitgestaltung der Römer
aussah. Die Erwachsenen unterhielten
sich gerne mit Würfel- oder
Brettspielen. Kinder spielten Verstecken,
Sackhüpfen und Fangen. Ihre
Geschicklichkeit bewiesen sie in
Spielen mit Knöllchen oder Nüssen.
Als Spielzeuge dienten aber auch
Steckenpferde, Puppen, Kreisel oder
Tierfiguren aus Ton. „Manche Spiele,
die wir heute noch kennen, existierten
bereits in der Antike – allerdings
mit anderen Spielregeln. Dazu gehört
etwa Mühle“, verrät der Museumsleiter.
Wer mag, kann sich hier an römischen
Spielen versuchen. An einer
Medienstation können Besucher ein
Römer-Quiz lösen. Kinder schlüpfen
auch gerne in militärische Kettenhemden
oder edle Togen.
Um die Religion und das Militär dreht
sich die Ausstellung dann ganz in der
Nachbarschaft. In einem großzügigen
Bereich finden sich Stationen zur
mittleren Kaiserzeit, wo Bronzestatuetten
der Götter Jupiter und Victoria
ausgestellt sind. Ebenso kann man
dem bewaffneten Auxiliarsoldaten
näherkommen. Auxiliare dienten in
Hilfstruppen und waren Angehörige
nicht-italischer Völker. Sie stammten
häufig aus den Völkern der eroberten
Provinzen und wurden entweder
zwangsrekrutiert oder hatten sich
freiwillig gemeldet. Solche Soldaten
waren zum Beispiel auch in den Passauer
Kastellen eingesetzt.
Steine erzählen Geschichten
Über den Alltag außerhalb der Kasernen
erzählt uns der Grabstein des
Publius Tenatius Essimnus. Auf der
rechten Seite scheint der Verstorbene
abgebildet zu sein. Ein erwachsener,
bärtiger Mann. Auf der linken Seite
steht er vor drei Fässern und füllt
Wein in ein Gefäß. Der Fund zeugt
vom blühenden Weinhandel. Denn
die Inschrift besagt, dass Essimnus
Weingroßhändler aus Trient war und
mit 57 Jahren hier in Passau verstarb.
„Ein schönes Beispiel, wie der transalpine
Handel in römischer Zeit funktionierte.
Essimnus wird den Wein
aus Oberitalien hier verhandelt und
auf Donau und Inn weiterverfrachtet
haben“, spekuliert Dr. Thomas Maurer.
Doch nicht nur von Männern im
Römischen Reich, auch von Frauen
erzählt die Ausstellung im Römermuseum.
So dreht sich eine Station
um die Gutsverwalterin Flora aus
Rotthof bei Ruhstorf. Außerdem gibt
es viel aus dem römischen Alltag zu
erfahren.
Ein Höhepunkt der Ausstellung im
Obergeschoss ist die Nachbildung
des Kastells Boiodurum, das etwa
einen Kilometer östlich des Kastells
Boiotro stand. Allerdings in einer
früheren Zeit. Man hat das Kastell
bereits um 90 nach Christus auf Höhe
der Mündung des Inns in die Donau
gebaut. Es hatte eine stattliche Größe
von 13.000 bis 14.000 Quadratmetern,
wodurch etwa 300 Mann stationiert
werden konnten. Zum Kastell
gehörten ein Verwaltungsgebäude,
Mannschaftsbaracken, ein Lazarett,
Speichergebäude und südlich davon
ein Kastellbad. Umgeben war es von
einem Lagerdorf, in dem Familienangehörige
der Soldaten, aber auch
Handwerker und Wirte voneinander
lebten. Bereits in der Mitte des 3. Jahrhunderts
wurde das stattliche Kastell
von Germanen zerstört. Danach
errichteten die Römer das Kastell
Boiotro – die letzte Festung der Römer
in Passau. Diese Nachbildung
zeigt uns Thomas Maurer am Ende
der Führung. Dazu geht es die Treppen
hinab ins Erdgeschoss. Wir gelangen
in zwei Räume, die der späten
Römerzeit gewidmet sind. Hier wird
auch der Übergang von der Spätantike
zum Frühmittelalter beleuchtet.
Denn nach dem Zusammenbruch
des Römischen Reichs lebten nur
noch wenige Romanen in Batavis.
Auch der Ortsname wandelte sich
schließlich zu Pazzawe, aus dem der
heutige Name Passau entstand.
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