Passauer Landlust
Wirtshauskultur trifft auf Genusskultur –
Essen, Lachen und Genießen bei Familie Anetseder
Portrait
Elisabeth
Anetseder
und
Manuel
Hagel
In Haag, einem kleinen Dörfchen zwischen Hauzenberg und Thyrnau, liegt der Landgasthof Anetseder. Dort wird traditionelle Wirtshauskultur noch gelebt – und zwar auf moderne Art und Weise. Elisabeth Anetseder und ihr Lebensgefährte Manuel Hagel verstehen es, Gastlichkeit und Genusskultur miteinander zu vereinen. Im Mittelpunkt ihrer raffinierten, modernen Landküche stehen frische Produkte, die teils sogar aus dem eigenen Garten stammen.
„Kreativ, aber auf dem Boden geblieben und regional“, würde Elisabeth Anetseder ihre Küche selber beschreiben. 2017 hat sie – gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Manuel Hagel – der Sterneküche den Rücken gekehrt und das Gasthaus ihrer Eltern in Haag übernommen. Doch bis es soweit war, stand ein großer, gelungener Umbau der Traditionsgaststätte an. Schon beim Eintreten in den modern eingerichteten Saal, der die Gemütlichkeit einer Gaststube ausstrahlt, fühlt man sich wohl. Perfekt aufeinander abgestimmte Deko, natürliche Werkstoffe wie Holz, regionaltypischer Bayerwaldgranit, alte Bilder und edle Stoffe sorgen für Behaglichkeit.
Eines ist klar: Hier wurde nichts dem Zufall überlassen. Von der steinernen Theke grüßt Seniorchef Josef Anetseder, der Vater von Elisabeth, während ihre Schwester Christiane gerade zwei hausgemachte Limonaden auf die Terrasse bringt. Gastlichkeit wird hier großgeschrieben. Im Saal der Wirtshauskultur Anetseder treffen sich Einheimische und Urlauber auf ein Drei-Gänge-Menü oder auch bloß auf ein Schnitzel mit hausgemachtem Kartoffelsalat. Außerdem wird hier gerne gefeiert. Insbesondere Hochzeiten, Taufen oder Geburtstage.
Große Handwerkskunst
Wir dürfen heute einen Blick hinter die Kulissen werfen und dabei sein, wenn Elisabeth und Manuel frisches Saiblingsfilet auf Kräuterrisotto und Spargelschaum zubereiten. „Kochen ist ein kreativer Prozess. Es reizt mich, etwas zu kreieren und verschiedene Geschmacksrichtungen zu vereinen“, strahlt Elisabeth Anetseder, während sie zwei frische Saibling-Filets säubert. Zufrieden ist die sympathische Küchenmeisterin erst, wenn ein perfektes Ergebnis auf dem Teller liegt und der Gast einen Wow-Effekt erlebt. Elisabeth Anetseder hat ihren Traumberuf gefunden. Sie liebt es, aus frischem Gemüse, saftigem Obst und hochwertigem Fleisch oder Fisch geschmackvolle Gerichte entstehen zu lassen. Dabei verbindet die 36-Jährige große Handwerkskunst und pure Leidenschaft. Das schmeckt man nicht nur, man spürt es auch. Besonderen Wert legt sie auf frische, möglichst regionale Produkte in Top-Qualität. Kein Wunder, so hat sie es auch gelernt, als sie nach der Ausbildung zur Köchin nach München ging und Führungspositionen in namhaften Häusern wie dem Königshof oder dem Pageou von Sternekoch Ali Güngörmüs innehatte.
Das Saibling-Filet auf der aktuellen Sommerkarte stammt von der Fischzucht Brunnhölzl, in der Nähe von Büchlberg. Es wird gleich nach der Schlachtung angeliefert, denn die zwei Küchenchefs verzichten völlig auf Tiefkühlprodukte. „Frischer Saibling hat ein festes Fleisch, das ist ein Qualitätsmerkmal“, erklärt Elisabeth Anetseder. „Außerdem sollte er schön glasig sein“, wirft Manuel Hagel ein. Elisabeth würzt ihn lediglich mit selbstgemachtem Kräutersalz und Pfeffer und gibt ihn auf der Hautseite in die heiße Pfanne. Auf höchster Stufe 10 brät sie die zwei Filets in etwas Öl an. Sobald die Haut schön kross ist, gibt sie den Fisch kurz in den Ofen. Erst danach darf er zurück an den Herd und wird kurz von der Fleischseite her angebraten. „Da muss man vorsichtig sein. Fisch sollte auf der Fleischseite nur leicht braten, sonst wird er trocken. Dafür braucht man Gefühl und Erfahrung“, erklärt die Köchin.
Währenddessen kocht Manuel unter ständigem Rühren ein Risotto. Für Geschmack und Optik sorgt ein kleiner Strauß an Gartenkräutern, den er fein püriert unter das Risotto hebt. Es erhält eine satt-grüne Farbe. Doch die Zutaten sind zu 100 Prozent natürlich. Angerichtet werden Saibling und Kräuterrisotto mit Spargelschaum, der aus Spargel und Spargelsud, Butter und Sahne hergestellt ist. Manuel mixt ihn kurz auf und schmeckt ihn mit Salz, Pfeffer und einer Prise frisch geriebener Muskatnuss ab. Dazu kommen weiße und grüne Spargelspitzen. Die Krönung bilden Scheiben von gebratenen Kräuterseitlingen, Borretsch-Blüten undPetersilie. Ein Gedicht.
Borretschblüten
Borretsch ist auch als Gurkenkraut bekannt und wird häufig als Gewürz- und Heilpflanze verwendet. Seine lilafarbenen Blüten sorgen für einen besonderen Farbtupfer beim Anrichten von Speisen.
Genuss in seiner reinsten Form
Die große Leidenschaft zum Kochen hat Elisabeth Anetseder während ihrer Zeit in der Sternegastronomie entdeckt. Dennoch möchte sie nicht zurück an den Herd der großen Münchner Häuser. „Der Genuss in seiner Reinheit geht in der Sterneküche oft verloren, da kommt hier ein Gel und dort ein Gel drauf. Ich mag es, wenn das reine Produkt im Vordergrund steht. Versteht man sein Handwerk, wird das Produkt bei der Zubereitung immer besser. Da reichen dann zwei oder drei weitere Geschmackskomponenten und man hat ein perfektes Ergebnis“. Diese Kombination gelingt Elisabeth und Manuel, die sich bei der Arbeit im Münchner Königshof kennenlernten, hervorragend. Denn ihre Küche ist definitiv nicht langweilig, sondern geprägt von reinen Aromen, naturbelassenen Komponenten und ausgewählten Gewürzen.
Ein besonderes Geschmackserlebnis bietet das gebackene Landei mit Blumenkohl und Kokos-Koriander-Creme. Auch hier kombinieren die beiden Köche regionale Zutaten wie Blumenkohl aus dem Gäuboden und Eier aus der Heimat, verfeinert mit außergewöhnlichen Aromen. Viele Produkte stammen auch aus dem eigenen Garten. Insbesondere Mama Inge züchtet alte Tomatensorten in bunten Farben. Doch das Land in Haag wirft auch Birnen, Kirschen, rote Pflaumen oder Mirabellen ab. Alles was nicht gleich verwertet werden kann, wird zu Rumtopf und Marmelade verarbeitet. Holunder kochen Elisabeth und Manuel zu Saft ein. Damit werden die Soßen für Wildgerichte verfeinert. Denn die Küche im Landgasthof Anetseder besticht nicht nur durch ihre Reinheit, sondern auch durch Raffinesse.