Passauer Landlust
Zwischen Honig, Anis und Kuvertüre –
zu Besuch in der Pralinenwerkstatt von Patricia Karlstetter
Portrait
Konditorin
Patricia
Karlstetter
Wenn es im Passauer Land Winter wird, laufen die Vorbereitungen fürs Weihnachtsfest. Denn die „staade Zeit“ wird für die Weihnachtsbäckerei genutzt. Landauf und landab werden Stollen, Lebkuchen, Plätzchen und Pralinen per Hand gemacht. Konditorin Patricia Karlstetter aus der Klosterbäckerei Karlstetter in Pocking hat dieses Jahr zwei ganz besondere Pralinen kreiert, bei deren Herstellung wir sie begleiten durften. Dabei verrät sie natürlich allerhand Tipps und Tricks rund um die hohe Kunst der Pralinenherstellung.
Die Praline ist durch ihre aufwändige Herstellung die Königin der Weihnachtsleckereien. Sie bedarf einer hohen Handwerkskunst und filigraner Handarbeit. Die Ladentheke der Klosterbäckerei zieren zur Weihnachtszeit etwa dreißig verschiedene Pralinensorten. Zwischen Glühweinsternen, Bratapfeltrüffel, feinem Schichtnougat und Blätterkrokant liegen heuer erstmals Honig-Anis-Pralinen. Die neueste Kreation von Patricia Karlstetter. Sie gehören zur Sorte der Ganache-Pralinen. „Die Grundzutaten einer Ganache-Praline sind Kuvertüre und Sahne“, sagt die Konditorin als sie Sahne, Anisblüten und Honig in einen Kupferkessel gibt. Dessen Inhalt wird nun am Gasherd der Pralinenwerkstatt erwärmt. „Bei der Pralinenherstellung muss man sehr sauber und genau arbeiten. Egal ob beim Abwiegen der Zutaten oder bei der Fertigstellung“, verrät sie. Außerdem, so die Konditorin, müssten die Zutaten stimmen.
„Pralinen sind etwas sehr Hochwertiges, Exklusives, dafür braucht es auch hochwertige Zutaten“, so die 22-Jährige. Die Hauptzutat ist Schokolade. Familie Karlstetter verwendet für Pralinen überwiegend deutsche Schokolade. „Es gibt viele gute Sorten, für Pralinen sollte die Schokolade aber eher neutral schmecken, damit sie das Aroma der Geschmackszutaten nicht überlagert“, sagt die Konditorin. Nachdem die Flüssigkeit aufgekocht ist, nimmt sie den Kessel vom Herd. Die Anisblüten dürfen nun etwa eine halbe Stunde in der Sahne ziehen, bevor sie abgeseiht werden. Erst dann kommt die Kuvertüre hinzu. „Bei anderen Ganache-Pralinen, wie Rumtrüffel, kann man die Schokolade gleich nach dem Aufkochen hinzufügen. Aber wir möchten ja, dass der Anis seine feine Note abgibt“, erklärt die Expertin.
Gefühl für Schokolade
Flink und sauber arbeiten
„Nachdem die Kuvertüre zugefügt wurde, muss die Masse über Nacht anziehen. Vor allem Schnittpralinen müssen gut durchgekühlt sein. Nur so erhält man schöne Kanten“, sagt die Konditorin. Für uns hat sie gestern schon ein Blech vorbereitet. Darauf streicht sie nun eine Schicht Kuvertüre. Diese dient als Boden und sorgt für die Stabilität der Praline. „Die Schicht muss hauchdünn sein“, verrät die Expertin. Wenn die Schokolade angezogen ist, nimmt sie die Pralinen aus der Form. Ein dünner Block Schokolade liegt vor ihr. Durch die Weihnachtsbäckerei wird es warm in der Backstube, was sich auch in der Pralinenwerkstatt bemerkbar macht. Das stellt die Konditorin vor eine Herausforderung. Denn weiche Pralinen lassen sich nur schwer verarbeiten. Patricia Karlstetter muss schnell sein und äußerst sorgfältig arbeiten. Mit einer Harfe schneidet sie die Pralinen erst in Streifen und dann in Quadrate. Nach jedem Schnitt wischt sie den Draht ab. Dann nimmt sie die Pralinen mit einer Gabel einzeln weg. Bevor sie mit Schokolade überzogen werden, müssen sie nochmal durchkühlen.
Währenddessen kümmert sich die Konditorin um den Schokodekor. Dafür bestreicht sie gereinigte Luftpolsterfolie mit Kuvertüre. Das Muster einer Bienenwabe entsteht. „Wenn die Schokolade ausgehärtet ist, wird sie noch mit Goldpuder bestäubt und gebrochen“, so die Konditorin. Nun bereitet sie die Kuvertüre zum Überziehen der Pralinen vor und lässt das „braune Gold“ in eine Schüssel fließen. „Zum Überziehen muss die Schokolade schön fließfähig sein, damit exakte Kanten herauskommen“, erklärt Patricia Karlstetter. Daher erhitzt sie ein bisschen Kakaobutter, die unter die Kuvertüre gerührt wird. Kakaobutter ist in der Kuvertüre ohnehin enthalten. Sie schmiegt sich viel besser an, als beispielsweise Kokosfett und sticht geschmacklich nicht hervor.
Im nächsten Schritt nimmt Patricia Karlstetter die kalten Ganache-Würfel mit der Pralinengabel auf und gibt sie kopfüber in die Kuvertüre. Beim Herausnehmen wird die Gabel sanft am Schüsselrand abgestrichen. Fein glänzende, quadratische Pralinen werden auf Pergamentpapier abgelegt. Man sieht, wie schnell die Schokolade anzieht. Flink steckt die Konditorin den goldenen Schokoladenbruch in die Praline. So fährt sie fort, bis alle Pralinen fertig sind. Sie schmecken himmlisch. Neben der hochwertigen Schokolade stellt man eine feine Anisnote fest. Und im Nachgang kommt der Honig schön hervor. Eine runde Sache und perfekt für die weihnachtliche Kaffeetafel oder als kleine Aufmerksamkeit.
Thermaltropfen fürs Bäderdreieck
Ihre Arbeit macht Patricia Karlstetter Spaß. Sie ist mit Leib und Seele Konditorin. Schon von klein auf war sie fasziniert, als ihr Vater seine berühmten Rumtrüffel, das Blätterkrokant oder Schichtnougat und viele weitere Pralinen herstellte. Nun kreiert sie ihre eigenen Süßigkeiten. Erst kürzlich brachte sie die Thermaltropfen auf den Markt. Eine Praline für das Bäderdreieck. Sie besticht mit einer ganz außergewöhnlichen, tropfenartigen Optik. Dafür wird eine Tropfen-Form mit weißer und blau eingefärbter Schokolade eingepinselt. Nach dem Aushärten gießt Patricia Karlstetter die Form mit dunkler Kuvertüre aus. Darauf folgt eine Ganache aus Schokolade und Thermalgeist. Der Thermalgeist dafür stammt ebenfalls aus der Region, von der Hausbrennerei Voglbauer aus Aigen am Inn. Er sorgt für eine feine Note aus Himbeeren, Heidelbeeren und Brombeeren – regionaltypische Beeren für das Passauer Land. Am Ende werden die Thermaltropfen noch mit einer Schicht Schokolade verschlossen.
„Jede dieser marmorierten Pralinen ist ein Unikat und per Hand hergestellt“, sagt Patricia Karlstetter. Bis zum Weihnachtsfest hat sie noch einiges zu tun. Denn neben den Pralinen und Plätzchen haben sie und ihr Team hunderte Schokonikoläuse zu gießen und zu schminken. Wenn die Arbeit getan ist, freut sie sich auf die Feiertage, wenn die ganze Familie zusammenkommt und Plätzchen, Stollen, Lebkuchen und Pralinen aus der eigenen Backstube genießt. Obwohl sie den ganzen Tag über mit Schokolade, Törtchen und vielen weiteren süßen Köstlichkeiten zu tun hat, nascht Patricia Karlstetter gerne. „Das gehört auch zum Beruf. Wer keine Süßigkeiten mag, kann keine Pralinen kreieren“, schließt die Konditorin mit einem Lächeln.