Erlebnis mit Geschichte
„Das Kreuz ist mein Buch“
Etwa vier Kilometer von Bad Griesbach entfernt wurde der Heilige Bruder Konrad 1818 auf einem Vierseithof in Parzham geboren. Zwischen den Hügeln des Rottals ist der fromme Bauernjunge aufgewachsen und hat sich als Hoferbe mit 31 Jahren dazu entschieden, Kapuzinermönch zu werden. Er galt als Menschenfreund, der seinen Glauben, Demut und Nächstenliebe gelebt hatte. Im Mai 1934, nur etwa vierzig Jahre nach seinem Tod, wurde Bruder Konrad heiliggesprochen. Seine Geburtsstätte, der Venushof, kann noch heute besucht werden. Geburtszimmer, Schlafkammer und Stube sind im Originalzustand erhalten.
Zu Besuch am Bruder-Konrad-Hof in Parzham
Ein mächtiges Holzhaus bildet den Mittelpunkt des Venushofs in Parzham. Rote Geranien strahlen von den beiden großen Balkonen. Zwei Hausbänke laden zum Verweilen ein. Davor plätschert das Wasser im steinernen Grand munter vor sich hin. Fast könnte man denken, hier sei die Zeit stehen geblieben. Auf dem stattlichen Bauernhof von 1750 wuchs der Heilige Bruder Konrad auf. Zwei Tage vor Weihnachten wurde Johannes Evangelist Birndorfer am 22. Dezember 1818 geboren. Kurz nach Mitternacht erblickte er als elftes von zwölf Kindern das Licht der Welt. Noch am selben Morgen trat er seine erste Wallfahrt an. Vater Bartholomäus brachte ihn in die Wallfahrtskirche St. Wolfgang nach Weng. Dort wurde der kleine Hansl, wie man ihn später nannte, mit dem Sakrament der Hl. Taufe versehen. Das Zimmer, in dem er geboren wurde, liegt gleich rechts vom Eingang des Bauernhauses. Wegen Renovierungsarbeiten im oberen Stock nutzten es die Eltern vorrübergehend als Schlafkammer. Der Raum enthält nicht nur einen Teil der mehr als 200 Jahre alten Originalausstattung, sondern auch viele Wallfahrtsgaben. Er lädt die Besucher zur Verehrung des Heiligen ein.
Bäuerliches Leben im Einklang mit dem Glauben
Seine Familie arbeitete hart auf den Feldern und Wiesen im Rottaler Hügelland. Mehrmals am Tag hielt man inne, traf sich zum Gebet. Hansl Birndorfer suchte schon früh den Dialog mit Gott und Jesus Christus. Selbst auf dem zwei Kilometer langen Schulweg nach Weng betete der Junge einen Rosenkranz. Überlieferungen zufolge ermunterte er auch andere Kinder, sich am Gebet zu beteiligen. Schnell sprach sich im Dorf herum: „Vom Hansl kannst das Beten lernen!“ Schon damals galt er als Vorbild für andere. In der tiefgläubigen Familie feierte man die Kirchenfeste. Da kam die ganze Verwandtschaft in der Stube zusammen. Verbrachte heitere und traurige Stunden. Die gemütliche Stube befindet sich noch heute beim Eingang gleich links. Sie ist ausgestattet mit einem großen Tisch, dem Herrgottswinkel und weiteren sakralen Gegenständen. Etwas ganz Besonderes ist der handgemachte Kachelofen. Heute wird der Raum gerne für Andachten und Gottesdienste genutzt. Das hätte den Heiligen sicherlich gefreut. Der kleine Hansl war bereits in seiner Kindheit gerne mit Mutter Gertraud auf Wallfahrten unterwegs und verpasste später keine Volksmission in der Gegend. Doch die Tiefe seiner Verbundenheit mit Gott ging noch weiter. Er stand besonders früh auf, um vor der Schule in die Frühmesse gehen zu können. Und abends blieb er lange wach, um zu beten. Wenn er überhaupt geschlafen hatte. Wie seine Schwestern oft berichtet hatten, war sein Bett morgens häufig unberührt. Hansl Birndorfer kniete nächtelang betend am Hausaltar seines Schlafzimmers. Einen Eindruck davon kann man sich am Bruder-Konrad- Hof in der Schlafkammer im Obergeschoss verschaffen. Sie ist noch immer an derselben Stelle untergebracht. Über eine knarzende Holztreppe kommt man hoch und spürt die besondere Atmosphäre. Der spärlich eingerichtete Raum besteht im Ganzen aus Holzbrettern. Neben dem Tisch stehen das Bett des Heiligen, eine Truhe und ein Schrank. Hier hat er seine Gespräche mit Gott geführt. Zu beten war ihm wohl wichtiger als zu schlafen, obwohl er tagsüber schwere körperliche Arbeiten zu verrichten hatte. Johannes Birndorfer arbeitete nach dem Tod seiner Eltern als Knecht am Hof seiner Familie und sollte diesen später übernehmen. In seiner Freizeit unternahm er noch immer gerne Wallfahrten und verschrieb sich etlichen Bruderschaften. Sonntags besuchte er gleich mehrere Messen in den umliegenden Kirchen. Am Morgen machte er sich auf den Weg in die Frühmesse in Bad Griesbach, anschließend ging er zum Hauptgottesdienst nach Weng und am Nachmittag zur Andacht nach Bad Birnbach. Die kilometerweiten Strecken legte er immer zu Fuß zurück. Obwohl er fest verwurzelt mit seinem Leben am Bauernhof war, entschied er sich mit 31 Jahren, Gott noch näher zu sein. Er schloss sich dem Kapuzinerorden an und trat im September 1849 ins St. Anna Kloster in Altötting ein, dem heutigen Bruder- Konrad-Kloster.