Gutes Brot braucht Zeit
An die 150 handgemachte Brote
verlassen die Backstube täglich.
Besonders beliebt ist das Josefbrot.
Bei dessen Zubereitung dürfen
wir Josef Bauer über die Schulter
blicken. Es ist eine helle Brot sorte
mit knuspriger Kruste und grober
Porung. Während er den Teig aus
Quellwasser, dunklem Weizenmehl
und Salz knetet, erklärt
der Bäckermeister: „Je länger die
Teigführung geht, desto besser
wird das Brot. Unter vier Stunden
kommt mir nichts in den Backofen.
Durch die lange Gehzeit wird
das Brot auch bekömmlich. Reizdarmprobleme
sind damit so gut
wie ausgeschlossen. Denn die
dafür verantwortlichen Fodmaps
sind nach dieser Zeit abgebaut“.
Die Herstellung des Josefbrots benötigt
etwa drei Tage. Zunächst
setzt Josef Bauer den Natursauerteig
aus Roggenmehl und Wasser
an, tags drauf stellt er einen Vorteig
her, verknetet Stunden später
alle Zutaten miteinander und gibt
den Teig für etwa zwölf Stunden
in die Kühlung. Daher ist das Brot
trotz seines hohen Weizenanteils
sehr bekömmlich. Bei allen
Brotteigen verzichtet Josef Bauer
auf die Zugabe von Hefe. Für genügend
Backtrieb sorgt der Sauerteig.
Nun walkt Josef Bauer den
Teig zu runden Kugeln. Diese legt er nacheinander in
Körbchen aus Peddingrohr und
schlägt ein Kreuz in den Teigling.
„Wenn das Kreuz nicht mehr zu
sehen ist, dann ist die Oberflächenspannung
richtig, das Brot ist
reif für den Ofen. Dieser Handgriff
wurde seit Generationen überliefert.
Damit segne ich mein Brot
auch irgendwie“, sagt der Bäckermeister.
Der alte Holzbackofen
wird mit Holzscheiten betrieben.
Nachdem er voll aufgeheizt ist,
hat er 300 Grad. „Das ist zu heiß
fürs Brot, daher muss er etwa eine
Stunde stehen, damit die Temperatur
zwischen 240 und 250 Grad
fällt“, erklärt Josef Bauer, als er die
Brote einzeln einschießt. Sie dürfen
nun für eine gute Stunde backen.
Der Natursauerteig macht’s
Der Tag des Familienvaters ist
zweigeteilt. Kurz nach Mitternacht
steht er auf. Denn um ein
Uhr früh müssen die Brotteige angesetzt
werden, damit sie gegen
fünf Uhr in den Ofen geschoben
werden können. Um die Mittagszeit
ist die Produktion beendet
und um 15 Uhr muss der Sauerteig
schon wieder eingerührt werden.
Dafür verwendet Josef Bauer nur
eigenes Quellwasser und Mehl:
Für Roggenbrote wird Roggenmehl,
für Dinkelbrote Dinkelmehl
und für Vollkornbrote wird Vollkornmehl
zugesetzt. „Man hält
sich immer etwas Sauerteig zurück
und setzt damit den nächsten
an“, erklärt er, als er den Bottich
öffnet. Der Sauerteig riecht
frisch und kräftig nach Essig. In
der Regel darf er bei Raumtemperatur
zwischen 22 und 24 Grad reifen.
Für 50 Dinkelbrote beispielsweise
reicht schon ein Pfund
Sauerteig. „Die Säure ist für die
Frischhaltung wichtig. Wenn Natursauerteig
schön durchgesäuert
ist, schimmelt das Brot nicht – außer
es ist nicht ganz durchgebacken
oder wird falsch gelagert“,
weiß der Bäckermeister. Er empfiehlt,
Brot in ein Leinentuch einzuschlagen
und so im Brottopf zu
lagern. „Das Leinentuch ist wichtig,
denn Brot tendiert immer
zum Austrocknen. Es gibt Wasser
ab. In einem geschlossenen Behältnis kondensiert das Wasser
an der Oberfläche. Ein Nährboden
für Schimmel entsteht. Daher ist
ein Puffer wichtig“, so der Experte.
Ein echter Familienbetrieb
Klassiker sind Sorten wie das runde
Bauernbrot mit ganzen oder
gemahlenen Gewürzen oder veredelt
mit Kürbiskernen. „Wer auf
Weizenmehl verzichten möchte,
der greift zu unseren reinen Vollkornbroten
aus Roggen oder Dinkel.
Oder zur Tante Emmer, einem
Emmervollkornbrot, das wir für
den Unverpackt-Laden in Passau
entwickelt haben. Neben einem
kleinen Roggenansatz kommen
Kürbis- und Sonnenblumenkerne,
Leinsamen und Gelbe Rüben rein.
Eine richtige Energiebombe“, sagt
Michaela Bauer, die kurz in der
Backstube nachsieht. Sie ist studierte
Theaterwissenschaftlerin,
war lange für große Konzerne in
der Markenkommunikation und
Unternehmensberatung tätig. Vor
zehn Jahren hatte sich die Österreicherin
in Josef Bauer und die
Grafmühle verliebt. Gemeinsam
haben sie drei Kinder, Lieselotte (9)
und die Zwillinge Simon und Philipp
(6). Mit am Anwesen lebt auch
Senior-Chefin Gertraud Bauer. Der
ganze Stolz der Familie ist die quirlige
Dackeldame Jenny. Michaela
Bauer kümmert sich neben Büroarbeit
und Verkauf um die Wissensvermittlung
in den Bereichen
Nachhaltigkeit und Ernährung.
Dabei ist sie Ansprechpartnerin für
Erwachsenenbildung und Schulen.
Der Duft der Backstube und
die Abläufe waren ihr von Anfang
an vertraut, bereits ihr Großvater
hatte eine Bäckerei. „Ich spürte
sofort dieses Heimatgefühl. Hier
kommt man echt runter von der
Hektik des Alltags, sitzt unterm
Kastanienbaum und blickt auf ein
jahrhundertealtes Haus, das auf
Granit gebaut ist. Für mich ist das
ein Kraftort“, sagt Michaela Bauer.
„Viele Elemente verbinden sich
hier. Du hast das Element Wasser,
einen festen Untergrund aus Stein,
den Wald vor der Tür und das Element
Feuer in der Backstube. Da
kann man zur Ruhe kommen, sich
entschleunigen, neu ausrichten“,
fährt die ausgebildete Achtsamkeitstrainerin
fort. In der Grafmühle
ist ein entschleunigter Einkauf
möglich. Man kommt ins Gespräch
und ist herzlich willkommen.